Endlagerung International

Hintergrund

Derzeit werden in 30 Staaten Atomkraftwerke betrieben. In Italien, Kasachstan und Litauen wurden die Reaktoren abgeschaltet. Die Vereinigten Arabische Emirate und Weißrussland errichten Atomkraftwerke und würden damit neu in die Atomenergienutzung einsteigen.

Gleichzeitig ist die dauerhafte sichere Lagerung des radioaktiven Abfalls weltweit eine ungelöste Aufgabe. Als erstes Land beabsichtigt Finnland 2020 ein "Endlager" für hochradioaktive Abfälle in Betrieb zu nehmen. Acht Länder haben "Endlager" für schwach und mittelradioaktive Abfälle, zwei für schwachradioaktive. Doch auch in Staaten, die keine Atomenergie nutzen, fallen radioaktive Abfälle in Forschung, Industrie und Medizin an.

In der rechten Spalte werden sukzessive Länderberichte zur Endlagerung eingestellt.

Weltkarte Atomenergienutzung

Endlagerung Schweden

In Schweden wird Atommüll in kurzlebig schwach- und mittelradioaktiv, langlebig schwach- und mittelradioaktiv und hochradioaktiv unterschieden. Die Regierung Schwedens plant hochradioaktive Abfälle dauerhaft in Kupferbehälter in 400 bis 700 Metern Tiefe in Granit zu lagern. 2020 sollte mit der Errichtung eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle am Standort Forsmark begonnen werden. Dort werden bereits seit 1988 kurzlebige schwach- und mittelradioaktive Abfälle in etwa 50 Metern Tiefe unter der Ostsee eingelagert. Doch Mitte Januar lehnte der schwedische Environmental Court nach jahrelangem Beteiligungsprozess unerwarteter Weise die Pläne ab.

In Schweden wird der Atommüll in folgende Kategorien eingeteilt:

  • sehr gering strahlende radioaktive Abfälle; sie werden in oberflächennahen Endlagern an den Standorten Ringhals, Oskarshamn, Forsmark und Studsvik gelagert 
  • kurzlebige schwach- und mittelradioaktive Abfälle; sie werden im Endlager SFR am Standort Forsmark ca. 50 m unter der Meeresoberfläche gelagert
  • langlebige schwach- und mittelradioaktive Abfälle; sie werden an den Atomanlagen zwischengelagert, die Pläne für eine Endlagerung befinden sich erst in der Konzeptphase
  • bestrahlte Brennelemente; sie werden nach einer Abklingzeit von mindestens 9 Monaten zum zentralen Zwischenlager CLAB am Standort Oskarshamn gebracht. 2011 wurde der Antrag auf Errichtung eines Endlagers am Standort Forsmark eingereicht. (Die bestrahlten Brennelemente aus den stillgelegten Forschungsreaktoren R2 und R2-0 in Studsvik wurden in die USA verbracht).

Atomenergienutzung

In Betrieb 8 Reaktoren: Ringhals (4 Reaktoren), Forsmark (3 Reaktoren), Oskarshamn (1 Reaktor)

Stillgelegt 5 Reaktoren: Oskarshamn (2 Reaktoren), Barsebäck (2 Reaktoren), Agesta (1 Reaktor) sowie zwei Forschungsreaktoren in Studsvik

In Bau oder Planung: keine; Es existiert eine Genehmigung, die alten Reaktoren an den selben Standorten durch neue zu ersetzen. Sie wird derzeit von den Betreibern aus ökonomischen Gründen nicht genutzt.

Betreiber der Endlager

Swedish Nuclear Fuel and Waste Management Company (SKB) [1]

Die private SKB wurde in den 1970er Jahren von den Energiekonzernen in Schweden gegründet. Aufgabe der SKB ist das Management und die Lagerung radioaktiver Abfälle.

Eigentümer: Vattenfall AB (36%), Forsmarks Kraftgrupp AB (30%), OKG Aktiebolag (22%), Sydcraft Nuclear Power AB (12%)

Subunternehmen: SKB International AB (Beratertätigkeiten in anderen Ländern), SKB Näringslivsutveckling AB (Wirtschaftsförderung in Oskarshamn und Östhammar)

Mitarbeiter: Über 500. Inklusive externer Experten und anderen sind laut SKB über 800 Menschen mit der Lagerung radioaktiver Abfälle beschäftigt. 

Finanzierung

Für die Finanzierung der Rückbau- und Lagerkosten werden pro kWh 0,04 SEK (Schwedische Kronen) in den staatlich kontrollierten Nuclear Waste Fund eingezahlt.

 

Schwach- und mittelradioaktive Abfälle

Endlager Meer

In den 1950er und 1960er Jahren wurden schwachradioaktive Abfälle im Atlantik und der Ostsee verklappt, siehe Endlager Meer. 1971 wurde die Verklappung in Schweden verboten.

Endlager für radioaktive Abfälle mit sehr geringer Aktivität 

(Shallow landfill facilities for very low-level waste)

An den AKW-Standorten Ringhals, Forsmark und Oskarshamn sowie der Nuklearfabrik in Studsvik befinden sich Oberflächenlager für radioaktive Abfälle mit sehr geringer Aktivität. Die dominierenden Radionuklide sind Cobalt-60, Caesium-137 und Nickel-63.  Das Design der Anlagen unterscheidet sich. Alle werden mit einer Schicht abgedeckt, die den Zutritt von Wässern verhindern soll. Alle Anlagen werden auf austretende Radioaktivität überwacht. Der Genehmigungszeitraum schließt einen 30-jährigen (in Oskarshamn 50-jährigen) Überwachungszeitraum mit ein, in dem kein radioaktiver Abfall mehr eingelagert werden darf.

Forsmark: genehmigt für 17.000 m³ bis 2070 und eine maximale Aktivität von 200 GBq. Inventar zum 31.12.2016: 6.572 m³ mit 34,3 GBq. Betreiber: Forsmark Kraftgrupp AB.

Oskarshamn: genehmigt für 10.000 m³ bis 2075 und eine maximale Aktivität von 200 GBq. Inventar zum 31.12.2016: 10.949 m³ mit 37 GBq. Betreiber: Oskarshamn Kraft Grupp AB

Ringhals: genehmigt für 10.000 m³ bis 2060 und eine maximale Aktivität von 1.100 GBq. Inventar zum 31.12.2016: 9.180 m³ mit 265 GBq. Betreiber: Ringhals AB

Studsvik: genehmigt für 1.540 m³ bis 2070 und eine maximale Aktivität von 100 GBq. Inventar zum 31.12.2016: 1.140 m³ mit 25 GBq.

Final Repository for short-lived Radioactive Waste (SFR)

Ort: Forsmark (Östhammar); die Einlagerungskammern liegen unter dem Meer

Konzept: Einlagerung des Abfalls in verschiedenen Containern in vier 160 m lange Einlagerungskammern und einem Silo. Der mittelradioaktive Abfall mit der höchsten Strahlung wird in Stahl- und Betonbehältern in einem unterirdischen 50 m tiefen Betonsilo gelagert. Die Umgebung der Container wird mit Beton ausgegossen. Der Betonsilo wird mit einer Bentonit-Ton-Schicht umgeben. Die Bentonit-Ton-Schicht soll aufquellen und so das Grundwasser vom Silo abhalten. Außerdem soll sie als Filter und Verlangsamung für die aus dem Betonsilo austretende Radioaktivität dienen und den Silo gegen mechanische Bewegungen stabilisieren. 

In den Kammern wird sowohl schwach- als auch mittelradioaktiver Abfall gelagert. Sie laufen nach Schließung des Lagers mit Grundwasser voll. Die Barrieren sollen den Austritt der Radioaktivität an die Biosphäre so verlangsamen, dass bis dahin die Radioaktivität abgeklungen ist.

Tiefe: 50 m unter der Meeresoberfläche der Ostsee

Zeitraum für Langzeitsicherheit: Isolation für 500 Jahre. Bis dahin soll der Hauptanteil der Radioaktivität abgeklungen sein. SKB muss für die verbleibenden Radionuklide einen Langzeitsicherheitsnachweis für 10.000 Jahre erbringen. Dem will SKB mit kontinuierlichen Sicherheitsanalysen genügen.

Inbetriebnahme: 1988

Kapazität: 63.000 m³

Erweiterung: Antrag auf Erweiterung auf 200.000 m³. Die SKB will neben dem existierenden Endlager ein weiteres Lager mit sechs Einlagerungskammern für den Atommüll aus dem Rückbau der Atomkraftwerke errichten.

Betreiber: SKB - Swedish Nuclear Fuel an Waste Management Co. 

Beschäftigte: Ca. 30 [2] 

Kosten: Ca. 40 Mio. SEK / Jahr (4,1 Mio. Euro) [2]

Final Repository for long-lived radioactive Waste

Ort: noch offen

Konzept: Das Projekt befindet sich noch in der Konzeptphase. Derzeit laufen Studien zur Langzeitsicherheit. Nach derzeitiger Planung sollen die langlebigen radioaktiven Abfälle in einem tiefengeologischen Lager in zwei getrennten Lagerbereichen, einem für Metallabfälle mit einer Betonabschirmung und einem für Altabfälle mit einer Betonit-Abschirmung gelagert werden.

Geplanter Start der Errichtung: 2030

Geplante Inbetriebnahme: 2045 

Kapazität: geschätztes Einlagerungsvolumen 16.000 m³. 

 

Hochradioaktive Abfälle

Standortsuche HAW

1977-1985: Voruntersuchungen, begleitet von Protesten

1992: Beginn des Standortsuchprozesses. Alle schwedischen Gemeinden wurden befragt, ob sie als mögliche Standortkommune einbezogen werden möchten. Die staatliche Behörde Geological Survey of Sweden kam zu dem Schluss, dass in fast allen schwedischen Gemeinden geeignete Formationen vorhanden seien. Nach diversen positiven Rückmeldungen wurden in den Gemeinden Soruman, Mala Nyköping, Älvkarleby, Hultsfred, Tierp, Oskarshamn und Östhammar Machbarkeitsstudien durchgeführt. Drei der Gemeinden schieden im Zuge des Standortsuchprozesses nach negativen Gemeindereferenden aus. SKB entschied sich - auch aufgrund der bereits vorhandenen Infrastruktur durch die beiden Atomkraftwerke - die beiden AKW-Standorte Oskarshamn und Östhammar in die enge Wahl zu nehmen. [3]

03.06.2009: Die SKB wählt Forsmark (Östhammar) als Standort für ein Endlager aus, da das Gestein dort eine höhere Wärmeleitfähigkeit aufweist. Die Gemeinde Oskarshamn erhielt als Kompensation eine finanzielle Entschädigung. [3]

16.03.2011: Die SKB reicht den Antrag für den Bau einer Konditionierungsanlage in Oskarshamn und eines Endlagers in Forsmark bei der Swedish Radioation Safety Authority (SSM) und beim Land and Environment Court in Stockholm ein.

Kurz danach startete der Reviewprozess: In ihm können u.a. Umweltorganisationen, Kommunen, regionale Behörden, wissenschaftliche Institutionen und andere öffentliche Behörden Stellungnahmen abgeben.

Mai-Oktober 2014: Öffentliche Anhörung

Im Frühjahr 2016 haben im Rahmen der grenzüberschreitenden Beteiligung die Staaten Dänemark, Finnland, Deutschland, Litauen, Lettland und Tschechien Stellungnahmen abgegeben.

23.01.2018: Nach jahrelangen Konsultationen aller Beteiligten spricht sich der Land and Environment Court gegen das Endlagerprojekt aus. Kern der Ablehnung sind Sicherheitsbedenken bezüglich der Kupferkanister. [4]

Jetzt liegt die Entscheidung bei der Regierung, die weitere Konsultationen einholen kann. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sich die Regierung einfach über die Entscheidung des Environmental Court hinwegsetzt. Nach einer positiven Entscheidung der Regierung würde der Antrag zurück an die Swedish Radioation Safety Authority (SSM) und den Land and Environment Court in Stockholm zurückgehen, die die Details für die beiden Anlagen festlegen. Die letztendliche Erlaubnis für die Errichtung läge dann bei den beiden Kommunen Oskarshamn bzw. Östhammar.

Standort für das Endlager: Forsmark

Konzept: Bohrlochlagerung, KBS-3 Drei-Barrieren-Konzept

Kupferbehälter: 5 m lang, befüllt 25 t, innen Gusseisen-Einsatz mit Kugelgraphit, außen 5 cm Kupfer; soll vor Korrosion und mechanischen Belastungen schützen.

Bentonit-Ton-Ummantelung: Bentonit soll Wasser absorbieren und durch seine Quellfähigkeit Risse im Felsen schließen. Sollte es Risse im Behälter geben soll die Bentonit-Ton-Ummantelung sowohl den Eintritt von Wasser als auch den Austritt von Radioaktivität verhindern.

Granit: Sollte trotzdem durch den Bentonit Radioaktivität austreten, so soll sie durch Klüfte und Mineralien und Mikroporen im Gestein festgehalten werden.

Tiefe: 400 - 700 Meter

Zeitraum: Isolation für 100.000 Jahre

Geplanter Start der Errichtung: 2020 

Geplante Inbetriebnahme: 2030 

Einlagerungszeitraum: 40 Jahre

Kapazität: 6.000 Kupferbehälter bzw. 12.000 t

Betreiber: SKB - Swedish Nuclear Fuel an Waste Management Co.

Beschäftigte: Es ist von 700 Arbeitsplätzen in Forsmark die Rede.

Kritik: "Doch so sicher, wie SKB glauben macht, ist die gewählte Endlagermethode nicht. In der Wissenschaftszeitschrift Catalysis Letter hat eine internationale Forschergruppe eigene Studien präsentiert. Sie legen nahe, dass sich Kupfer ohne Beisein von Sauerstoff im Grundwasser auflöst. [...] Zahlreiche Umweltverbände und die schwedischen Grünen kritisieren den Bauantrag [...] als verfrüht." [5]

Weiterführende Links (englisch)

Swedish National Council for Nuclear Waste

Swedish Nuclear Fuel and Waste Management Company (SKB)

Friends of the Earth Sweden 

Quellen

Soweit nicht anders angegeben beruhen die Informationen auf folgendem Bericht: Ministry of Environment Sweden: Sweden's sixth national report under the Joint Convention on the safety of spent fueel management and on the safety of radioactive waste management, Stockholm 2017

[1] skb.com: Organisation

[2] skb.com: The Final Repository SFR

[3] endlager.de: Schweden

[4] www.mkg.se: „The Swedish Environmental Court’s NO to the final repository for spent nuclear fuel – a triumph for the environmental movement and the science“, 23.01.2018

[5] Budde, Alexander: "Ein Fels für die radioaktive Ewigkeit", Zeit online, 30.11.2011, abgerufen am 06.11.2017